Eine außergewöhnliche Kirchen- und Domführung mit Dompropst Dr. Bär

Dr. Michael Bär ist Dompropst und Dompfarrer in Passau. So trafen die Fünftklässler des Leopoldinums einen wahren Experten, der wirklich so gut wie alles über „seine“ Kirche weiß. Gleich zu Beginn des Aufeinandertreffens am Domplatz erzählte Herr Bär ihnen nicht ohne Stolz, dass es selbst einmal ein Leopoldiner war und sein Abitur an unserem Gymnasium abgelegt hat, weshalb er sich der Schule bis heute verbunden fühlt. Das merkt man nicht zuletzt auch daran, dass er immer wieder ein gern gesehener Ehrengast bei schulischen Veranstaltungen ist und sich für unsere neugierigen Fünftklässler über eine Stunde Zeit genommen hat.

Die Domführung begann zunächst ganz klassisch mit einem Blick auf die Westfassade vom Maximilian-Denkmal aus. Herr Bär erarbeitete im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, welche Heiligenfiguren hier zu sehen sind (Hl. Maximilian, Hl. Stephanus, Hl. Severin, Hl. Valentin; in der Mitte Maria als Himmelskönigin mit Szepter und Jesuskind). Die Jahreszahlen 1674 und 1675 erinnern an den Wiederaufbau der Domtürme nach dem Passauer Stadtbrand von 1662. Bei der Bestimmung des Baustils konnten die Kinder mit ihrem im Unterricht erworbenen Wissen zum Barock glänzen.

Die Schüler zeigen im Gespräch mit Dr. Bär, was sie im Religionsunterricht gelernt haben.

Bevor wir jedoch den Dom St. Stephan betraten, zeigte uns Herr Bär noch weitere besondere Kirchen und Kapellen im näheren Umkreis. Das Gebetshaus „Home“ am Domplatz wirkt mit seinen Couchen und der modernen Innenarchitektur geradezu gemütlich, da hier junge Christen, die auch im Haus wohnen, längere Gebetszeiten verbringen, wie Herr Bär erläuterte. Weiter ging es zu zwei Kapellen im Innenhof des Doms.

Ein Flüchtlingszelt im Dominnenhof weist auf die Lebenssituation von Geflüchteten hin.

Bevor wir diese betraten, machte der Dompfarrer jedoch noch auf ein originales UNHCR-Flüchtlingszelt aufmerksam, das im Rahmen des Heiligen Jahres 2025 aufgestellt wurde. Es soll auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam machen und die Arbeit des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen vorstellen. Auf beeindruckende Weise wurde so deutlich, dass Liturgie und Diakonie, also die Feier des Gottesdienstes und der Einsatz für Notleidende, im Christentum fest zusammengehören. Manchem Schüler wurde beim Durchqueren des Zeltes erst bewusst, wie wenig Platz und Privatsphäre zwei Familien in solch einer Behausung zur Verfügung stehen.

Das Betreten der (öffentlich nicht zugänglichen) Lamberg-Kapelle am Domplatz brachte die Kinder zum Staunen: Der Geruch von Rosenweihrauch und eine Bilderwand (Ikonostase), die das Kirchenschiff vom Altarraum abgrenzt, sind typische Kennzeichen eines orthodoxen Gotteshauses, das so mit allen Sinnen erlebt werden konnte. Als Zeichen ökumenischer Gastfreundschaft wird die Kapelle der russisch-orthodoxe Gemeinde vom Bistum als Gottesdienstort zur Verfügung stellt. Geduldig beantwortete Herr Bär alle Fragen der interessierten Schüler, z.B. zum Deckenfresko, das das Jüngste Gericht zeigt.

Die Schüler tauchen beim Besuch der Lamberg-Kapelle in die Welt der Orthodoxie ein.
Herr Dr. Bär referiert zum achteckigen Taufstein in der Andreas-Kapelle – und die Schüler hören gespannt zu.

Als wir anschließend die gegenüberliegende Andreaskapelle betraten, fiel auf, dass man ein paar Stufen hinabsteigen musste. Grund dafür ist, dass sich auf der Fläche des Dombergs früher ein Friedhof befand und Bauschutt liegengelassen wurde, der das Bodenniveau anhob. In der Andreaskapelle ging Herr Bär dann vor allem auf die Symbolik des achteckigen Taufsteins aus dem alten Dom ein, der aus dem Jahr 1478 stammt.

Über einen Seitengang gelangten wir dann in die prachtvolle Domsakristei, über die wir direkt in den Altarraum des Doms gelangten, der einen wunderbaren, ungewohnten Blick in das Mittelschiff erlaubt, das bereits aufgrund des kurz bevorstehenden Mittags-Orgelkonzerts gut gefüllt war. Ausgehend von einer barocken „Memento-mori“-Darstellung, die die Todesverfallenheit des Menschen verdeutlicht, fragte Herr Bär, was die Kirche den Menschen als Gegenmittel anbieten könne. Daraufhin verwies er auf die großen Metallgefäße mit den heiligen Ölen (Katechumenenöl, Chrisamöl, Krankenöl), an denen die neugierigen Fünftklässler auch riechen durften. Gemeinsam mit den Schülern erschloss der Dompropst die Symbolik der Düfte. Die Zimtnote des Krankenöls lässt beispielsweise an Weihnachten denken, sodass sich Kranke und Sterbende besonders intensiv an diese prägende Zeit der Geborgenheit und Gemeinschaft erinnert fühlen.

Selten hat man einen so unmittelbaren Zugang zum Altarraum des Doms.

Zum Abschluss überreichte eine Schülerin Herrn Dr. Bär als Dank für die sehr gelungene Führung eine Leo-Schokolade aus dem Weltladen. Auch die beiden begleitenden Religionslehrer, Frau Wolf und Herr Zehntner, bedankten sich für den wunderbaren Rundgang, der perfekt auf die Schüler abgestimmt war, hochinteressante und erstaunliche Informationen enthielt und alle Sinne ansprach. Bestimmt hat Herr Dr. Bär den beiden Lehrern ihre Nervosität angemerkt, als wir zehn Minuten vor Ende der Führung immer noch nicht im Dom waren. Aber so hat er seine Zusage, uns eine „Kirchenführung“ („Kirchen“ als Plural gelesen!) zu geben, auf geniale Weise eingehalten, da wir neben dem Dom auch andere bemerkenswerte Orte des Glaubenslebens in Passau entdecken konnten.

Vergelt’s Gott, lieber Herr Dr. Bär!

Tobias Zehntner, StR